Sicherstellung beim Bauvertrag
Demnach kann der Werkunternehmer vom Werkbeststeller ab Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur Höhe eines Fünftels bzw. bei Verträgen, die innerhalb von drei Monaten zu erfüllen sind, bis zur Höhe von zwei Fünfteln des vereinbarten Entgeltes verlangen. Als Sicherstellung können Bargeld, Spareinlagen, Sparbücher, Bankgarantien oder Versicherungen dienen. Kommt der Werkbesteller der Aufforderung des Werkunternehmers nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nach, so kann der Unternehmer seine Leistung verweigern und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist die Vertragsaufhebung erklären (§ 1168 Abs. 2 ABGB).
In der Praxis werden solche Sicherstellungen häufig durch abstrakte Bankgarantien beigebracht.
Bei einer abstrakten Bankgarantie ist der Garantievertrag vom Bestand der gesicherten Hauptschuld grundsätzlich unabhängig (nicht akzessorisch). Das heißt, die Bank kann keine Einwendungen und Einreden geltend machen, sondern ist auf Verlangen verpflichtet, die Bankgarantie einzulösen und Zahlung zu leisten. Sinn und Zweck einer solchen Garantie ist es, Sicherstellung durch eine nicht verzögerte Zahlung zu gewährleisten.
Nach einer vor kurzem veröffentlichen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (7 Ob 216/19v) gebührt dieser Schutz dann nicht, wenn die Inanspruchnahme der Bankgarantie rechtsmissbräuchlich erfolgt. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hat das Werkunternehmen die Garantie zu einem Zeitpunkt abgerufen, als die Forderung aus der Schlussrechnung noch nicht fällig waren. Nicht einmal die Skontofrist war abgelaufen. Es war klar, dass die Fälligkeit innerhalb der laufenden Garantiefrist auch nicht mehr eintreten wird, zumal noch Fertigstellungsarbeiten und Arbeiten zur Mängelbeseitigung offen waren. Das Werk war also noch nicht abgenommen.
Das Höchstgericht hat entschieden, dass die Abrufung der Bankgarantie in diesem Fall bewusst zu vertragsfremden Zwecken erfolgt sei. Die Bankgarantie habe nämlich den Zweck der Sicherung der Zahlung des Entgelts im Falle eines Zahlungsverzuges. Ein Zahlungsverzug sei aber (noch) nicht eingetreten. Demgemäß sei der Abruf der Bankgarantie rechtsmissbräuchlich und unberechtigt.
Vor diesem Hintergrund ist allen Werkunternehmern dringend anzuraten, die ihnen in Form einer Bankgarantie gewährte Sicherstellung nur zu dem vereinbarten Zweck in Anspruch zu nehmen. Sollte es wie im hier vorliegenden Fall dazu kommen, dass die Frist der Bankgarantie abläuft, bevor der Sicherungsfall eingetreten ist bzw. eintreten kann, wird empfohlen, rechtzeitig auf die Verlängerung der Sicherung bzw. Bankgarantie zu drängen.